Entwicklung nachhaltiger Geldanlagen aus der Sicht Investierender
Dr. Klaus Gabriel, Corporate Responsibility Interface Center (CRIC) (CRIC-Online)
Das NKI ist fünf Jahr alt geworden – und ich wurde eingeladen, aus der Sicht von CRIC zu beschreiben, was in diesen fünf Jahren rund um das Thema der ethisch-nachhaltigen Geldanlage so alles passiert ist. Mein Fazit: vieles hat sich verändert und einige Fragen sind geblieben.
Zur Erläuterung mag ein Blick auf einige der Themen hilfreich sein, mit denen sich CRIC in den letzten fünf Jahren auseinandergesetzt hat. 2015 organisierten wir Veranstaltungen zum Thema kirchliche Anlagerichtlinien – sowohl die evangelische als auch die katholische Kirche setzten mit einem Leitfaden bzw. einer Orientierungshilfe Standards für die kirchliche Geldanlage. Die österreichische Bischofskonferenz veröffentlichte im Jahr 2018 ebenfalls Anlagerichtlinien, die seit Januar 2020 sogar verbindlich für die österreichischen Diözesen sind. Kirchliche Investoren waren seit jeher Vorreiter der ethisch-nachhaltigen Geldanlage. Die nächsten Jahre werden zeigen, welche Impulse aus dieser Richtung kommen werden. Initiativen wie der Arbeitskreis kirchlicher Investoren der evangelischen Kirche Deutschlands zeigen, was alles möglich ist und machen Hoffnung.
Ebenfalls im Jahr 2015 präsentierten wir die CRIC-Definition verantwortlich Investierender, die den Blick vom Investment-Objekt auf das Investment-Subjekt lenkt und Investierenden dabei hilft, die richtigen Fragen zu stellen, wenn es um umfassende Verantwortung bei der Geldanlage geht. Diese Verantwortung endet nämlich nicht mit dem Veröffentlichen wohlklingender Erklärungen, sondern reicht tief in die strategischen Entscheidungen und operativen Prozesse von Investierenden. Dabei geht es nicht nur um die Vermeidung finanzieller Risiken, sondern vor allem um die Auswirkungen des Investmentprozesses auf Gesellschaft und Umwelt.
Das Thema der Wirkung ethisch-nachhaltiger Geldanlagen beschäftigte uns in den letzten fünf Jahren insgesamt sehr – vor allem, weil immer deutlicher wurde, dass sich eben doch nicht alles zählen lässt, was im Leben zählt. Die exakte Quantifizierung qualitativer Aspekte – wie z. B. Lebensqualität oder biosphärische Zukunftsfähigkeit – ist bis heute nicht gelungen und wird wohl noch länger auf sich warten lassen. Dazu kommt, dass die Volumensteigerung bei nachhaltigen Geldanlagen zwar ein Grund zur Freude ist, aber damit noch nicht die Frage beantwortet ist, ob dadurch auch das Ziel der nachhaltigen Geldanlage – nämlich die Förderung nachhaltigerer Wirtschaftsweisen – erreicht wird. CRIC hat deshalb das Stimmungsbarometer nachhaltige Geldanlagen entwickelt und dieses erstmals im Herbst 2019 erhoben. Mit diesem Stimmungsbarometer soll auch in den kommenden Jahren eine Qualitätsdebatte zu nachhaltigen Geldanlagen angeregt werden.
Ab 2018 war auch klar, dass mit dem EU-Aktionsplan Sustainable Finance ein Prozess angestoßen wurde, der Nachhaltigkeit zu einem Thema der Ordnungspolitik und der Regulatorik macht und dessen Tragweite viele Finanzmarktteilnehmer bis heute noch nicht erkannt haben. Tatsächlich ist diese Initiative in der Lage, einen Paradigmenwechsel einzuleiten: Nachhaltigkeit ist auf dem besten Weg, die oft belächelte Nische zu verlassen und zum New Normal am Finanzmarkt zu avancieren.
Ein Thema, das CRIC seit seiner Gründung beschäftigt und das in den letzten fünf Jahren nochmals an Brisanz gewonnen hat, ist jenes der Fokussierung auf die finanzielle Materialität der Nachhaltigkeit bei der Geldanlage. Dass sich durch die Integration von Nachhaltigkeit in Anlageentscheidungen das Risiko-Rendite-Verhältnis einer Geldanlage optimieren lässt, ist eine Tatsache, der sich die Finanzindustrie zwar erstaunlich lange widersetzt hat, die aber letztlich viel zur Akzeptanz des Themas beigetragen hat. Aber Nachhaltigkeit auf diesen Aspekt zu reduzieren hat zur Folge, das eigentliche Ziel der nachhaltigen Geldanlage zu verkennen. Nachhaltige Geldanlage bedeutet ja nicht, mittels Nachhaltigkeit mehr Profit zu erwirtschaften, sondern unsere Wirtschaftsweisen nachhaltiger zu machen. Diesen Unterschied bewusst zu machen, war gestern, ist heute und bleibt auch morgen wichtig.